Die Deutsche Bank (4) - nach dem "Kulturwandel"

Die Deutsche Bank (4) - nach dem "Kulturwandel"

2012: Der Vorstandssprecher Ackermann tritt ab, und die neuen Chefs Jürgen Fitschen und Anshu Jain (ausgerechnet Jain, der für den Augiasstall der Londoner Investmentabteilung der Deutsche Bank verantwortlich war!) proklamieren, auf immer lauter werdende öffentliche Skandalisierung und den damit einhergehenden Reputationsverlust reagierend, einen „Kulturwandel“.

Der kommt aber nicht recht voran; immer neue Skandale werden öffentlich. 2015 übernimmt John Cryan den Vorstandsvorsitz. Er forciert den sogenannten Kulturwandel, der die Bank sauber machen soll.

Tatsächlich kommt die Bank jetzt zunächst aus den Schlagzeilen. Doch der Schein trügt, wie die folgenden Meldungen alleine seit Herbst 2018 zeigen:

ADR

Nach dem Schließen der der Gesetzeslücke, die Cum-Ex-Geschäfte zur Ausplünderung der Staatskassen ermöglichten, suchte und fand man neue Lücken, die diese Geschäfte in neuen Varianten ermöglichten; und zwar auf der Basis von ADR (American Deposit Reciepts, fiktive Aktien, die einen Aktienhandel in den USA in Dollar ermöglichten). Dabei nutzte man aus, dass die Finanzbehörden aufgrund einer Gesetzeslücke und einem gegenseitigen Informationsverbot der verschiedenen Steuerbehörden nicht erkennen konnten, ob den ADR tatsächlich reale Aktien unterlegt waren. Diese Geschäfte liefen teilweise noch bis 2018 weiter.

Geldwäsche

Die Deutsche Bank kooperierte bis 2015 mit der estnische Danske Bank bei der Geldwäsche von bis zu 200 Mrd. Euro. – also gigantisch mehr als bei den früheren Geldwäscheskandalen.  Die BaFin wurde erst im November 2018 informiert – allzu groß kann der Wille zum Kulturwandel und zur Zusammenarbeit mit den Behörden bei der Deutsche Bank also nicht gewesen sein. Bei einer Anhörung im EU-Parlament antwortete der Geldwäschebeauftragte der Deutsche Bank, Wilken, auf die Frage von MdEP Sven Giegold, wie viele Mitarbeiter wegen der Geldwäsche-Aktivitäten entlassen wurden, dass er das nicht wisse: „Das ist nichts, was wir tracken“. Soviel zum internen Aufklärungswillen der Deutsche Bank in dieser Sache.

Erneute Durchsuchung

Ende November 2018 kam es zur abermaligen Durchsuchung der Deutschen Bank, diesmal im Zusammenhang mit den bereits erwähnten Panama-Papers, also mit möglichen Steuerhinterziehungs-Dienstleistungen und Geldwäsche. Jetzt war der Anlass der Verdacht, dass diese Geschäfte nicht oder zu spät gemeldet worden waren, also pflichtwidrig Geldwäscheverdacht nicht angezeigt wurde, entgegen der Versicherung der Bank, mit den Ermittlungsbehörden zu kooperieren. Auch die dubiosen Geschäfte waren waren nicht beendet worden: Eine der von der erwähnten panamaischen Steuerhinterziehungs-Kanzlei Mossak Fonseka gegründete Firma, die Regula Ltd, war noch bis 2016 aktiv. Die Beziehungen zu Mossak Fonseka bestanden somit über 2 Jahrzehnte. Die Deutsche Bank war jahrzehntelang ein „verlässlicher Partner für Geschäfte in Steueroasen“, wie die SZ formuliert (16.5.19). Die „Deutsche Bank-Abteilung „Global Trust Solutions“ (GTS), die Zugang zu Briefkastenfirmen, Scheindirektoren und Stiftungen (Trusts) in Steueroasen vermittelte, wurde erst im März 2018 verkauft und hatte bis dahin noch Neukunden angenommen. Über den Käufer, die Schattenbank Butterfield, sagte der Leiter Deutsche Bank-Abteilung für vermögende Privatkunden: „Wir freuen uns darauf, unseren Kunden gemeinsam mit diesem (Butterfield) und andern Anbietern ein breiteres Angebot an Trusts bieten zu können.“ Die Bank legt dabei stets Wert auf die Feststellung, dass es auch legitime Gründe gibt, Trusts zu nutzen.

Kunde Donald Trump

Mangelnde Kooperation mit den Behörden wird der Deutsche Bank auch im Zusammenhang mit dubiosen Geldbewegungen des Kunden Donald Trump vorgeworfen. Die US-Behörden untersuchen laut Medienberichten, ob sich das Frankfurter Geldhaus an die Anti-Geldwäsche-Gesetze halte. Eine bei der Bank für die fragwürdigen Geschäfte des Herrn Trump zuständige Angestellte hat wohl ihre Vorgesetzten auf die Auffälligkeiten hingewiesen, doch diese reagierten mit Verschweigen gegenüber den Aufsichtsbehörden. Offenbar wollte man einen wichtigen Kunden nicht verprellen, so die Angestellte in einer aktuellen Einschätzung. Die Bank weist das zurück.

Softwarefehler

Ebenfalls erst jetzt im Mai 2019 berichtet die SZ über einen Softwarefehler bei der Deutsche Bank: jahrelang seien Parameter der Programme falsch programmiert gewesen, sodass bestimmte Geldwäsche-Vorgänge gar nicht entdeckt werden konnten. Der Fehler wurde nicht behoben, obwohl die Deutsche Bank schon vorher Ärger mit der BaFin hatte, weil ihre Kontrollsysteme nicht gut genug funktionierten; Die Bafin schickte sogar einen Sonderbeauftragten, der helfen sollte, die IT-Systeme zu verbessern.

Preisabsprachen

Ende 2018 wurde auch bekannt, dass Marktmanipulationen, hier: Preisabsprachen bei Dollar-Anleihen, bis 2015 weitergingen, also drei Jahre nach Ausrufung des Kulturwandels. Vergleichszahlungen wegen des Verstoßes gegen das Kartellrecht in den USA von 48 Mio. für ähnliche Geschäfte in den Jahren davor waren also wohl nicht besonders abschreckend.

Der interne Ausschuss stellt zu viele Fragen

Die Deutsche Bank gibt sich ein Saubermann-Image und installierte  auch einen internen Integritätsausschuss, der die zahlreichen Skandale aufarbeiten sollte. Vorsitzender war das Aufsichtsrats-Mitglied RA Georg Thoma. Als dieser sein Amt tatsächlich wahrnahm und unangenehme Fragen stellte, warfen ihm Aufsichtsratskollegen 2016 öffentlich „Übereifrigkeit“ vor. Thoma musste sein Amt niederlegen.

Selbstbereicherung der Bankmanager

Die vielen Skandale sind für die Topmanager der Bank keineswegs schädlich.

Trotz eines für eine Bank dieser Kategorie eher bescheidenen Gewinns für 2018 von 341 Mio. Euro gewährte der Aufsichtsrat Boni von 1,9 Mrd. Euro – das 5einhalbfache des Gewinns also.

Dem selbsternannten Saubermann Cryan versüßte man seinen Abschied von der Bank 2018 mit einer Abfindung von 8,7 Mio. Euro zusätzlich zu seinem Gehalt von 1,9 Mio. nur für die letzten 3 Monate im Amt und einer Entschädigung von 2,2 Mio. dafür, dass er für eine bestimmte Zeit nicht zur Konkurrenz wechselt, macht insgesamt 12,8 Mio. Euro – noch nicht eingerechnet die Pensionsansprüche.

Schön ist auch das Beispiel des (derzeitig noch) Leiters des Londoner Investmentbank-Geschäfts, Garth Richie: Er bekam 2018 8,6 Mio. Euro + Aufwendungen für die Altersvorsorge, + Boni in mir nicht bekannter Höhe, + 9 Mio. „Funktionszulage“  für zusätzliche Aufgaben bis 2020 im Zusammenhang mit dem Brexit – eigentlich eine Selbstverständlichkeit, dass ein Spitzenmanager manchmal mit Problemen befasst ist. Dabei ist ausgerechnet er für die berichteten Probleme mit der Geldwäsche verantwortlich. Er hat seine Aufsichtspflichten in einem Maße verletzt, dass die BaFin ihm den erwähnten Sonderaufpasser verpasste. Versagen im Job kann sich bei der Deutsche Bank durchaus auszahlen.

Die Überheblichkeit einer Kaste

Es zeigt sich die Überheblichkeit einer neofeudalen Kaste, die niemand bei ihrer Selbstbereicherung in die Schranken weist. Das arrogante Bewusstsein, Masters oft the Universe zu sein, äußerte sich schon früher etwa in Breuers Vokabel „Peanuts“ für ausstehende Handwerkerlöhne von 50 Mio. bei der Pleite des durch die Deutsche Bank finanzierten Baulöwen Schneider oder  Ackermanns Victory-Zeichen.

Auch der neue, seit einem Jahr amtierende Vorstandsvorsitzende der Bank, Christan Sewing, scheint nicht wirklich ein Mann zu sein, der den Sumpf austrocknen kann. Zum Start ins neue Amt forderte er, die Deutsche Bank möge ihre „Jägermentalität“ wiedergewinnen – das klang eher nach Rückkehr in die wilden Zeiten als nach Bändigung der Bestie. Als früherer Leiter der Konzernrevision hat auch er trotz seiner Zuständigkeit die Geldwäscheverstöße entweder nicht erkannt oder halt nicht geahndet. Jedenfalls ist er prima facie kein Mann, dessen Verdienste ihn geeignet erscheinen lassen, die Bank wieder seriös zu machen. Allerdings scheinen die jüngsten Entlassungspläne, die das ertragsschwache Institut wieder profitabel machen sollen, überwiegend den teuren und skandalträchtigen Investmentbereich zu treffen – also vielleicht doch „Bändigung der Bestie“, aus schierer Not.

Wenngleich manche der DB-Manager wie Soziopathen wirken, geht es hier nicht um moralische Kritik, es geht um die rechtlichen und politischen Strukturen des Bankensystems.

Wie man die ändern könnte, dazu mehr nach einem kurzen Einschub zum Verhältnis Deutsche Bank und Justiz.

Weiterlesen Teil 5: Die Deutsche Bank und die Justiz – und Forderungen zur Änderung des Systems


Inhaltsübersicht Blogbeitrag:

Teil 1 ein kriminelles Unternehmen?

Teil 2 gesetzwidrige Geschäfte vor dem “Kulturwandel”

Teil 3 In der Finanzkrise

Teil 4 Nach dem Kulturwandel

Teil 5 Die Justiz – Was müsste sich ändern?

Teil 6 Ist die Deutsche Bank nun eine kriminelle Vereinigung?