Die Deutsche Bank (2) - gesetzeswidrige Geschäfte vor dem "Kulturwandel"

Die Deutsche Bank (2) - gesetzeswidrige Geschäfte vor dem "Kulturwandel"

Gesetzeswidrige Geschäfte vor dem 2012 ausgerufenen „Kulturwandel“: Eine repräsentative Auswahl aus der Skandalchronik.

Stand 2018: noch knapp 20000 Ermittlungs- und Gerichtsverfahren anhängig.

Mitwirkung an Steuerhinterziehung (Panama-Papers 2016, Offshore Leaks 2013):

Im April 2013 begann ein Konsortium internationaler Medien, Berichte über Steueroasen zu veröffentlichen, die etwa 130.000 Personen und alle Großbanken betrafen. Nach Recherchen des Norddeutschen Rundfunks und der Süddeutschen Zeitung hat die Deutsche Bank über ihre Niederlassung in Singapur Hunderte Firmen und Trusts in mehreren Steueroasen, größtenteils auf den Britischen Jungferninseln, gegründet. Die Panama-Papers hatten auch offenbart, dass allein  die Deutsche Bank 426 dubiose Firmen von der panamaischen Skandal-Kanzlei Mossak Fonseka gründen ließ. Nach Ansicht von Kritikern leistete die Bank mit diesen Stiftungen und Tochterfirmen der Verschleierung von Geldströmen Vorschub und begünstigte damit mögliche Straftaten. In wessen Auftrag sie dies tat und was der Geschäftszweck war bzw. ist, wollte die Deutsche Bank nicht mitteilen. Mit Offshore-Konstrukten können Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruptionsgelder verschleiert werden. In einer Broschüre offerierte die Deutsche Bank ihren Kunden unverblümt die „Gründung, das Management und die Verwaltung“ von Trusts, Firmen und Stiftungen in verschiedenen Ländern. Dafür arbeite man eng mit den Rechts- oder Steuerberatern der Kunden zusammen. Auf der Website Deutsche Bankoffshore.com warb sie für ihre Offshore-Dienste. Dort hieß es beispielsweise, die Steueroase Mauritius biete „eine steuer-neutrale Umgebung“.

Beihilfe zur Steuerhinterziehung durch US-Bürger:

2015 einigte sich die Deutsche Bank auf einen Vergleich mit der US-Justiz. Diese hatte der Schweizer Konzerntochter vorgeworfen, zwischen 2008 bis 2013 mehr als 1.000 US-Kunden betreut zu haben, die 8 Mrd. US-Dollar in der Schweiz angelegt hatten. Die Deutsche Bank richtete dafür Stiftungen in Liechtenstein ein und verheimlichte die Transaktionen mithilfe von banklagernder Post (wie es eben Kriminelle so tun). Mit 31 Mio. Euro Strafe kam die Deutsche Bank vergleichsweise glimpflich davon – sie hatte zuletzt kooperiert, um die Strafe zu senken.

Umsatzsteuerbetrug:

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft ermittelte gegen die Deutsche Bank wegen betrügerischer Geschäfte mit CO2-Emissionszertifikaten. Die Verschmutzungsrechte wurden in Karussellgeschäften hin- und her gehandelt, damit sich die Händler von Finanzämtern Umsatzsteuer erstatten lassen konnten, obwohl diese Steuer tatsächlich nie gezahlt worden war. Ein von der Deutschen Bank bestellter Prüfbericht hatte festgestellt, dass Alarmsignale bankintern systematisch missachtet wurden. Die Staatsanwaltschaft sprach von „bandenmäßiger Steuerhinterziehung“, es entstand ein Schaden von 850 Mio. Euro. Später wurden acht an diesen Geschäften beteiligte Mitarbeiter der Bank angeklagt, gegen 15 weitere wurde ermittelt. Nur einer kam ins Gefängnis (3 Jahre Haft), die anderen kamen mit Bewährungsstrafen oder Geldbußen davon.

Cum-Ex-Geschäfte:

Mitarbeiter der Deutschen Bank waren offenbar auch an betrügerischen „Cum-ex-Transaktionen“ beteiligt. Dabei wurden Aktiengeschäfte um den Dividenden-Stichtag eingefädelt mit dem Ziel, die nie abgeführte Kapitalertragsteuer mehrfach geltend zu machen. Im Sommer 2015 gab es deswegen eine Razzia bei der Deutschen Bank, die Ermittlungen laufen noch.

Pikant: Die Deutsche Bank wusste laut Recherchen der SZ, NDR und WDR seit 2007 über die Cum-EX-Geschäfte Bescheid; sie riet aber davon ab die Regierung zu warnen. Man wollte lieber noch ein bisschen mitverdienen am Geschäft, das den deutschen Fiskus um je nach Quelle gut 10 Mrd. Euro, nach anderen Quellen um 31 Mrd. betrog. Ende 2018 zahlte man dafür gerade mal 4 Mio. Euro Bußgeld.

Inzwischen (Juni 2019) ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln weiter gegen 70 Manager der Deutschen Bank, darunter Ackermann, Jain und Ritchie. Sie sollen mitverantwortlich dafür sein, dass die Bank zwielichtigen Geschäftsleuten geholfen hat den deutschen Fiskus zu betrügen.

Manipulation des Libor / Euribor:

Mitarbeiter der Deutschen Bank hatten über Jahre hinweg wichtige Referenzzinssätze wie den Libor und Euribor manipuliert und für profitable Geschäfte ausgeschlachtet. Libor und Euribor sind grundlegend für viele Derivategeschäfte, deren Volumen in die Billionen geht. Nach der Liberalisierung der Finanzmärkte in den 90er Jahren wurde der Libor-Satz unter einigen Großbanken unkontrolliert ausgemacht. Es sind nämlich keine staatlichen Institutionen, die den LIBOR und den Euribor festlegen; diese Festlegung wurde im Zuge der Deregulierung den Banken selbst überantwortet. Alle Banken sollten also an eine gemeinsame Stelle den Zinssatz melden, zu dem sie sich selber refinanzieren kann. Der Libor berechnet sich dann als Durchschnittswert dieser Meldungen. Ein Mitarbeiter der Bank, Christian Bittar,  sprach sich mit Managern anderer Banken, z.B. Barclays, ab und manipulierte so den Liborsatz in die Richtung, die den eigenen Geschäften dienlich waren. Bittar  soll dadurch Hunderte von Mrd. Euro für die Bank und für sich selbst in 2008 einen Bonus von 80 Mio. US-Dollar – in nur einem Jahr!- verdient haben. Ein mit den Vorgängen betrauter Richter sprach von der „Abwesenheit jener Integrität, die das Bankwesen charakterisieren sollte“ (Zit. nach Hetzer 2015, s.u.).

In einem Vergleich mit der US- und britischen Justiz hat die Deutsche Bank 2,5 Mrd. US-Dollar berappt – mehr als jede andere Bank. Die besonders hohe Strafe wurde mit dem unkooperativen und irreführenden Verhalten der Deutschen Bank begründet (zum Verhalten gegenüber der Justiz siehe weiter unten). Auch die EU-Kommission hatte die Deutsche Bank in dieser Sache bereits Ende 2013 zu einer Strafe von 725 Mio. Euro verdonnert. Christian Bittar wurde 2018 zu einer 5-jährigen Haftstrafe in Großbritannien verurteilt, der Star-Händler Tom Hayes zu 14 Jahren. Weitere deutsche Manager entgingen einer Verurteilung, weil die deutsche Justiz sie nicht den britischen Behörden auslieferte.

Zeugnis von den Zuständen im Innern der Bank gibt ein Zwischenbericht der Bafin zur Libor-Affäre, der vom Wall Street Journal veröffentlicht wurde.  Die Bafin moniert darin eine Kultur des Wegsehens, in der nur Gewinne zählen und führt darin auch auf, wie die Aufklärung behindert wurde. Etlichen Topmanagern der Bank konnte zwar keine aktive Mittäterschaft attestiert werden, aber ein Verhalten, das diese Praktiken, die intern mindestens seit 2008 vermutet wurden, begünstigt hat. Ähnliche Kritik hatten auch schon amerikanische und britische Aufseher gegen die Bank erhoben. Offenkundig handelt es sich bei den vielen Delikten nicht um das Tun von Einzeltätern, sondern ein „System organisierter Unverantwortlichkeit“.

Devisen-Skandal:

Auch bei Währungsgeschäften sollen Händler der Deutschen Bank Kurse manipuliert haben. Anders als andere Banken, die bisher Strafen von insgesamt 10 Mrd. Euro auferlegt bekommen haben, ging die Deutsche Bank bisher straffrei aus. Die Deutsche Bank, zweitgrößter Devisenhändler der Welt, hat wegen der Affäre einige Händler vom Dienst suspendiert und einigte sich in einem Vergleich zu Zahlungen in Millionenhöhe, um den Prozess zu beenden.

Weitere Marktmanipulationen, z.B. Edelmetalle / Isdafix:

Die Aufsichtsbehörden ermittelten gegen die Deutsche Bank auch wegen des Verdachts auf illegale Preisabsprachen im Edelmetallhandel. Zudem ermittelten deutsche und US-amerikanische Behörden gegen die Bank wegen Manipulationen am Marktindex für Swap‐Geschäfte (Isdafix). Zusammen mit anderen Banken zahlte die Deutsche Bank eine Geldstrafe. Für Goldpreismanipulationen zahlte die Deutsche Bank 30 Mio. Strafe – Peanuts in der Sprache der Deutsche Bank.

Kirch-Gruppe: Prozessbetrug / Falschaussage vor Gericht

Der frühere Vorstandschef Jürgen Fitschen und vier Ex-Vorstände mussten sich einem Verfahren wegen des Verdachts auf Prozessbetrug stellen, Verdacht auf Absprache zu falschen Zeugenaussagen. Der frühere Deutsche Bank-Chef Rolf Breuer hatte in einem Interview 2002 die Kreditwürdigkeit des Medienkonzerns von Leo Kirch angezweifelt, der dann kurz darauf Pleite ging. Die Bank hatte sich Anfang 2014 mit den Kirch-Erben auf einen Schadenersatz von 925 Mio. Euro geeinigt. Anschließend  hieß es, die Deutschbanker sollen sich zu Falschaussagen vor Gericht abgesprochen haben, um Strafzahlungen zu vermeiden. Nach Freisprüchen 2015 verhandelt der Bundesgerichtshof demnächst über die Revision.

Prinzlinge-Affaire:

Die Deutsche Bank soll Kinder hochrangiger chinesischer Politiker angestellt haben, um an Großaufträge zu kommen.

Geldwäsche in Russland und Iran:

Die Deutsche Bank spielte auch im russischen Geldwäsche-Skandal eine unrühmliche Rolle. Ihre Kunden sollen über die Finanzplätze Moskau, New York und London rund zehn Milliarden Dollar an Rubel-Schwarzgeld aus Russland gewaschen haben. Und das Geldhaus soll da nicht so genau hingeschaut haben. Die Deutsche Bank habe unzureichende Vorkehrungen dagegen unternommen, befand die US-Notenbank Fed – also wieder ein „System organisierter Unverantwortlichkeit“. Die US-Behörden brummten der Bank ein Bußgeld von 41 Millionen Dollar und später nochmal weitere 700 Millionen an Strafe auf, weil sie russischen Kunden half, Geld außer Landes zu schaffen. Weil das mit der Geldwäsche-Kontrolle offenbar immer noch nicht recht klappt, hat die BaFin der Deutschen Bank inzwischen sogar einen Aufpasser an die Seite gestellt.

Ähnliche Vorwürfe wurden zu verbotenen Geldwäschegeschäften im Iran erhoben.

Peinlich für die Deutsche Bank ist, dass etliche der aufgedeckten Fälle auch noch in der Zeit begangen wurden, als sie längst einen Kulturwandel ausgerufen hatte. Das gilt sowohl für die Manipulationen von Referenzzinssätzen und Devisen als auch für die verbotenen Russlandgeschäfte, die noch bis in das Frühjahr 2015 betrieben wurden, dazu gleich noch mehr.

Bilanzfälschung bei Monte dei Paschi:

„Internationale kriminelle Organisation“: Genau den Ausdruck gebrauchte 2017 der Richter im Mailänder Prozess um 2013 schon publik gewordene Bilanzfälschung und Zinsgeschäfte, mit der die Aufsichtsbehörden über  den Zustand der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi getäuscht werden sollte. Die Deutsche Bank, eine der beiden Haupt-Angeklagten in dem Prozess, der seit Dezember 2017 läuft, müsse nun den Beweis erbringen, dass es eben keine solche internationale kriminelle Organisation über Landesgrenzen hinweg aufgestellt habe, um Verluste der Bank aus Siena zu verschleiern. Es geht um dubiose Geschäfte, mit denen die Bilanz der angeschlagenen italienischen Bank aufgehübscht – vulgo: der Bankrott verschleiert – werden sollte. Gegen 6 (teils ehemalige) Deutschbanker, darunter Michele Faissola, ein Spezi von Anshu Jain, läuft derzeit ein entsprechendes Verfahren.

Und wie hat sich die Deutsche Bank in der Finanzkrise verhalten?

Weiterlesen Teil 3: Die Deutsche Bank in der Finanzkrise


Inhaltsübersicht Blogbeitrag:

Teil 1 ein kriminelles Unternehmen?

Teil 2 gesetzwidrige Geschäfte vor dem “Kulturwandel”

Teil 3 In der Finanzkrise

Teil 4 Nach dem Kulturwandel

Teil 5 Die Justiz – Was müsste sich ändern?

Teil 6 Ist die Deutsche Bank nun eine kriminelle Vereinigung?